— Original-Beitrag vom 03.09.2013 —
Ich bin es leid.
Ich bin es leid zu leiden.
Ich bin es leid, wenige Sekunden lang etwas zu denken oder gar zu hoffen, nur damit das daraufhin zerstört wird und mir klar wird wie töricht und egozentrisch dieser Gedanke überhaupt war.
Wenn es nur einen kleinen Anlass gibt es zu glauben, z.B. dass jemand ein Geheimnis vor mir hat oder ich jemanden den ich kenne vor mir in ein Gebäude reingehen sehe, denke ich, hoffentlich gibt es für mich eine Überraschungsparty! Oder jemand hätte was tolles für mich geplant. Und dann ärgere ich mich, weil es natürlich nicht so ist, niemals. Niemals ist das passiert, und dennoch hoffe ich es immer wieder. Und jedes mal zieht es mich runter.
Ich lese, dass eine Bekannte Erfahrungen beim Spielen machen möchte; am liebsten sanft und liebevoll herangeführt werden. Ich weiß dass sie nichts von mir will. Und dennoch hoffe ich sie meint mich. Sie sagt, sie kennt ihn schon sehr lange, und sie hatten schon immer eine besondere Verbindung, und ich hoffe sie meint mich. Sie sagt, er wohne in Berlin und ich kenne ihn nicht.
Yey. Und dann stürze ich ab. Wegen so einem Bullshit?!? Und ich hoffe immer noch, dass sie mich meint und das nur so gesagt hat… Und ich weiß dass es Bullshit ist… aber ein Teil von mir hofft es dennoch… und wird weiterhin enttäuscht werden.
Das ist doch nicht zu ertragen.
Ich bin es Leid, unter meinen Gedanken zu leiden.
Ich leide darunter, bis zur akuten Suizidalität.
Ich wollte mich umbringen. Ich wollte inständig sterben, ich wollte dem Leid der Gedanken, den Zwangsgedanken, den immer brutaler und konkreter blitzartig einschlagenden Bildern meines Messers in meinem Hals einhalt gebieten. Meine Hand fängt an zu zittern, weil es so extrem ist, aber ich folge nicht, und habe stattdessen innerlich das Gefühl zu explodieren, während die Gedanken immer schlimmer werden.
Ich setze mich hin und das Messer an die Pulsader. Ich drücke, immer stärker, so stark ich kann. Natürlich blutet es nicht, dafür braucht es eine Schnittbewegung. Ich beginne sie – aber schaffe es einfach nicht, es schnell genug zu bewegen, damit der Schnitt die Haut bis zur Ader aufreißt. Ich versuche es, ich will es, aber es ist als wäre da eine Mauer, die mich davon abhält. Abhält etwas zu tun, und sonst kann ich immer alles tun. Das ganze belastet mich noch mehr, ich ärgere mich so sehr über mich selber; bin selbst zum sterben zu dumm, oder zu schwach.
Nach drei Stunden und einem Ortswechsel gehe ich nach Hause. Wie jede Phase senkt es den Wert, der meine Durchschnittstimmung ist. Und ich habe eine fiese Erfahrung mehr.
Ich bin es leid, unter meinen Zwangsgedanken zu leiden.
Andere leiden unter mir.
Wenn ich in eine Phase falle, verliere ich die Kontrolle. Ist es eine Anspannungsphase, eine mit einem Blutdruck von (nachgemessen!) bis zu 190/100, kann ich dem Einhalt gebieten mit Atosil und joggen.
Aber ist es eine Melancholiephase, habe ich keine Chance. Ich denke im rasanten Tempo, habe beinahe jede Millisekunde Zwangsgedanken und aufdrängende Bilder in jede Richtung – aggressive, destruktive, selbstzerstörerische, melancholische – und will nur noch eins; dass das aufhört.
Das alles ist ein generelles Schweres Leiden, ich leide unter allem, nicht nur unter meinen Zwangsgedanken, sondern unter der Situation, der allgemeinen Stimmung, meiner Vergangenheit, meiner Zukunft, der aktuellen Umgebung. Alles belastet mich unglaublich und unveränderbar.
Der einzige Ausweg stellt sich im endgültigen Tod dar. Und dort will ich hin. Dort will ich seit vielen Jahren fast in jedem Augenblick hin, aber in einer Phase wird das Verlangen größer und größer und größer und nicht mehr zu ertragen.
Und dann fange ich an, Dinge zu sagen oder zu tun, die andere belasten.
Ich tue es aus Gründen, die mir sonst zwar auch in den Sinn kommen, dem ich aber nie nachkommen würde. Aber in dem Moment tue ich es.
Ich manipuliere, ich kompromittiere emotional, ich sage Menschen schlimme, fiese, gemeine und unfaire Dinge weil ich weiß dass es sie verletzt. Ich weiß irgendwie immer perfekt was den bestimmten Menschen verletzt, und was ihn freut – normalerweise tue ich das was ihn freut, aber dann nicht.
Ich beschuldige, ich lasse ihn sich schuldig fühlen. Ich gebe ihm die Schuld an meiner Situation, oder sage es zumindest während ich weiß dass er es nicht ist. Ich will dass er sich schuldig fühlt, ich will dass er morgen die Nachrichten schaut, hört dass ich mich umgebracht habe und sich denkt, daran bin ich schuld, oder das hätte ich verhindern können.
Und das steigert noch das Verlangen zum Suizid.
Wieso denke ich sowas? Wieso will ich, dass andere Leiden? Wieso habe ich so ein Bedürfnis danach? Es ist nicht logisch zu erklären. Sicher hat jeder diese Gedanken hin und wieder, aber er geht ihnen selten nach. Bei mir ist es nicht selten.
Wieso denke ich so unglaublich dumme, unangebrachte, bescheuerte Dinge, die jeder Form von Ethik und Moral – Konservativ, modern oder meine Idealvorstellung – widersprechen? Es ist, als würde dieser Bullshitteil an mir das mit Absicht machen, nur um selbstzerstörerisch, belastend und dagegen zu sein. Ich kann das nicht mehr.
Meine Rücksichtslosigkeit, mangelende Empathie und mein manipulatives Verhalten haben schon mehr zwischenmenschliche Beziehungen zerstört, als ich wieder aufbauen könnte. Ich versuche mich auf die zu konzentrieren die mir am wichtigsten sind, aber selbst das fällt schwer. Vor allem, wenn sie meiner nächsten Phase zum Opfer fallen.
Ich will nicht, dass andere Menschen unter mir Leiden.
In vielen Tierarten und einigen Menschenstämmen ist es üblich, dass sich kranke, schwache und alte Tiere von der Herde absondern um zu sterben, um ihnen nicht zur Last zu fallen.
Altruismus habe ich mir als höchstes Gut gesetzt, als höchstes zu erreichendes Ziel. Wie kann ich noch weiterleben, während ich so eine Belastung und so wenig Bereicherung für die Menschen bin? Ich weiß dass ich das bin, mitunter. Aber oft eben auch nicht, und viel zu oft das Gegenteil. Es gibt viele Menschen aus meiner Umgebung, die das bestätigen können.
Ich kann es nicht. Und ich will es nicht.
Ich will kein Leid mehr erzeugen. Es gibt nur einen Ausweg.